Rocco Delli Colli und Stefan Flühmann im Gespräch
15 Minuten haben alles gedreht. Bis in die 75. Minute sah es nach der Rettung aus, Chiasso lag mit 0:1 im Rückstand. Das hätte gereicht – doch es kam bekanntlich alles ganz anders. Eine Woche nach dem Abstieg blicken wir mit FCRJ-Präsident Rocco Delli Colli und Sportdirektor Stefan Flühmann auf die ereignisreiche Saison zurück. Was aber speziell interessiert: Wie geht es mit dem FCRJ nun weiter?
Der FCRJ ist vor einer Woche abgestiegen. Wie geht es Ihnen nun sieben Tage nach dem Schock von Aarau?
Rocco Delli Colli: Ich bin immer noch am Verarbeiten, was passiert ist. Ich bin nunmehr 15 Jahre Präsident des FCRJ und war mir gewohnt, dass es immer nur „bergauf“ ging. Somit war dieser Abstieg natürlich ein ganz neues Gefühl, das zuerst verarbeitet werden muss. Ich war mir zwar im klaren, dass die Challenge League für uns das Maximum des Sportlichen und Finanziellen bedeutet und wir permanent am Limit laufen. Aber trotz allem sag ich Ihnen: ein Abstieg, das fährt ganz schön ein.
Stefan Flühmann: Wie es Rocco gerade gesagt hat, der Abstieg ist brutal „eingefahren“. Aber jetzt müssen wir nach vorne schauen. Es gibt sehr viel zu tun, die neue Saison planen, das Kader zusammenstellen und vieles andere mehr.
Was ist schlussendlich falsch gelaufen, dass es nicht gereicht hat?
Rocco: Als erstes muss ich sicher meine eigenen Fehler kritisch hinterfragen und analysieren. Diese Fehler müssen wir nun klar und konsequent ansprechen und daran arbeiten, um diese in Zukunft zu vermeiden und es besser zu machen.
Zum Beispiel?
Rocco: Wir hatten zum Beispiel in der Offensive gewichtige Abgänge, und waren wohl zu optimistisch, diese eins zu eins ersetzten zu können. Man muss alles in allem aber auch sehen, dass wir keine Erfahrungen im Profigeschäft hatten und dementsprechend auch Lehrgeld bezahlen mussten.
Stefan: Ich muss aber klar festhalten, wir haben wie die Löwen um jeden dieser Spieler gekämpft.
Darüber hinaus, sehen Sie weitere Gründe, die zum Abstieg führten?
Stefan: Warum, weshalb, wieso? Da spielen immer viele Aspekte hinein. Zum Beispiel hatten wir im vergangenen Sommer praktisch die ganze Offensive verloren, und es war sehr schwer, diese wieder zu ersetzten. Sicherlich am schwerwiegendsten waren die langen Verletzungen, wie zum Beispiel diejenigen von Yanz, Nater und Rohrbach, um nur einige Namen zu nennen.
In dieser Winterpause wurden viele neue Spieler engagiert. Die neuen Spieler haben aber nicht alle das gehalten, was man sich wohl von ihnen erwartet hat.
Rocco: Wunschspieler waren einfach nicht bezahlbar, die bezahlbaren Spieler gingen eher zu Servette, Aarau oder zu einem anderen Spitzenclub. Da blieb dem FCRJ der Kampf um den Rest.
Am 19. März wurde der Trainer entlassen. Stehen Sie immer noch hinter dieser Entscheidung?
Rocco: Ja, auch aus heutiger Sicht noch. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Aus 13 Spielen haben wir 3 Punkte geholt und sind in dieser Zeit immer weiter nach hinten bis zum Tabellenende durchgereicht worden. Da handelt wohl jeder Club.
Stefan: Von Oktober bis März wurde die Mannschaft nach einem sehr guten Start immer verunsicherter und wir holten immer weniger Punkte. Wir waren der Ansicht, dass es neue Impulse brauchte, um die Wende einzuleiten.
Schauen wir nach vorne: Wie geht es mit dem FCRJ nun vor allem sportlich weiter?
Stefan: Es ist unser Ziel, dass wir eine kompetitive und starke Mannschaft zusammen stellen, um im Aufstiegsrennen wieder ein Wort mitzureden. Man muss aber beachten, dass ein Aufstieg aus der Promotion League sehr schwer ist, denn es sind 16 Mannschaften und am Schluss steigt nur einer auf. Der Druck, unbedingt aufsteigen zu wollen, ist also sehr gross. Wir wollen aber, wie schon gesagt, eine wichtige Rolle im Rennen um den Aufstieg spielen und diesen in absehbarer Zeit auch wieder realisieren.
Ein Wieder-Aufstieg wäre also durchaus denkbar?
Rocco : Sportlich ja, finanziell ist es ein riesiger Kraftakt. Wir wollen die sportlichen Ziele zwar im Fokus halten, aber auch ein „gesundes“ Budget erstellen. Wir sind jetzt daran, über die Bücher zu gehen. Es fallen bekanntlich mehrere Hunderttausend Franken aus Fernsehgeldern und von der Liga weg.
Können Sie schon etwas über das Kader sagen?
Stefan: Haile-Selassie, Rexhepi, Sarr, Texeira Schmied und Hunn waren leihweise bei uns und kehren wieder retour zu ihren Stammvereinen. Die Verträge von Elmer, Kubli, Güntensperger, Festic, Zenuni und Marinkovic laufen aus. Wir sind hier aber im Gespräch. Thiesson geht zu Aarau und Chiccone wird wohl aufhören. Alle anderen Verträge sind auch für die Promotion League gültig und wir gehen davon aus, dass die meisten Spieler auch bleiben.
Zum Schluss: gibt es auch diesen Sommer attraktive Vorbereitungsgegner?
Stefan: Trainingsstart ist am 18. Juni. Wir spielen dann am 21. Juni am Turnier von YB in Breitenrain. Dann folgt am 29. Juni ein Freundschaftsspiel gegen den FC Zürich am 50-Jahre-Fest des FC Eschenbach. Und der Leckerbissen ist sicher das Vorbereitungsspiel gegen Sporting Lissabon im Grünfeld.Sobald wir das definitive Datum haben, werden wir es sofort mitteilen.
Rocco: Mir ist es noch ganz wichtig, allen, die sich für den FCRJ eingesetzt haben, ganz herzlich zu danken. Ohne unsere Sponsoren, Fans, Mitglieder, Helferinnen und Helfer wären diese zwei tollen Jahre in der Challengue League gar nicht möglich gewesen. Bei jedem Einzelnen bedanke ich mich ganz herzlich. Wir wollen auch in Zukunft den tollen Support, den der FCRJ geniesst, mit unserer Arbeit und guten Leistungen im sportlichen Bereich verdanken. (rlu)