«Benzema war ein harter Gegner…»

Er wurde mit GC Meister, spielte in Frankreichs Ligue 1 und 45 Mal für die Tunesische Nati. Heute trainiert Yassin Mikari mit Herzblut und Leidenschaft die U15 des FCRJ.

Von Rolf Lutz

Yassin Mikari hat eine glänzende Fussballkarriere hinter sich. GC, Sochaux, Club Africain, Tunesische Nationalmannschaft – er hat alles erlebt, hat gegen die ganz Grossen des Weltfussballs gespielt. Vor zwei Jahren hat er sich entschlossen, die Fussballschuhe definitiv an den Nagel zu hängen und sein Können und seine immense Erfahrung an junge Spieler weiter zu geben. Heute trainiert er die U15 beim FC Rapperswil-Jona. 

Yassin Mikari nimmt uns im folgenden Gespräch nochmals mit zurück auf eine Reise, die spannender nicht sein könnte.

Yassin, Du bist seit zweieinhalb Saison Juniorentrainer beim FCRJ. Was bedeutet Dir die Arbeit mit den jungen Fussballern?
Sehr viel. Als meine Fussballkarriere langsam dem Ende zuging, da stand damals für mich die Frage im Vordergrund, soll ich noch weiterspielen oder soll ich als Trainer beginnen. Ich habe ich dann dafür entschieden, mein Wissen und meine Erfahrungen im Juniorenfussball einzubringen. Ich bin dankbar, dass der FCRJ mir diese Möglichkeit gegeben hat. Was es mir bedeutet? Ich bin einfach dankbar und glücklich, wenn ich den Kindern vieles von meiner Erfahrung weitergeben kann.

Du sprichst Deine Erfahrung an. Die ist riesig. Wenn Du zurückschaust, ging es immer steil berauf?
Nein, es war ganz klar ein Auf und Ab. Meine Karriere ging zwar gleich zu Beginn rasant aufwärts, als ich in der ersten Saison mit GC Meister wurde. Im ersten Spiel, bei dem ich in der 1. Mannschaft eingesetzt wurde, erzielte ich gleich ein Tor. Im Rückblick war dies eine prägende Zeit für mich, denn ich war wohl geblendet vom raschen Erfolg und wurde überheblich und dachte, jetzt geht alles ganz von alleine weiter. Dem war natürlich nicht so. Ich musste Lehrgeld zahlen und das tat mir im Rückblick ganz gut.

Yassin mil dem Meisterbecher

Gehen wir auf ein paar Stationen näher ein. Zum Beispiel auf die Grasshoppers, mit denen Du Schweizer Meister wurdest.
Ich war damals 19 Jahre alt und wurde, wie gesagt gleich in der ersten Saison Schweizer Meister. Es ist ein unvergessliches Erlebnis, etwas unheimlich Schönes, wenn man am Schluss der Saison den «Becher» in die Höhe stemmen kann. Es hatte aber für mich in der Retroperspektive auch die besagte Kehrseite, als ich dachte, ich hätte nun schon alles erreicht und in gewissen Masse überheblich wurde.

Später kam dann auch das Engagement beim FC Luzern.
Es war eine ganz tolle Zeit und ich hatte es super dort. Carlos Bernegger und Alex Frei haben mich nach Luzern geholt. Meine Mutter ist ja Innerschweizerin, und ich habe dort viele Verwandte. Mit dem FC Luzern spielte ich insgesamt zwei Jahre, die mir immer in bester Erinnerung bleiben.

Weisst Du noch, was Du am 15.2.2009 gemacht hast?
(Studiert lange) Das könnte mein erstes Spiel in Frankreich, mit Sochaux gewesen sein. Dort spielte ich vier Saisons.

Genau, es war das Spiel gegen Toulouse, mit Moussa Sissoko als Gegner, der heute bei Tottenham spielt. Wie kam es zu diesem Engagement?
Ich muss vielleicht etwas ausholen. Ich hatte im Jahr davor schon Angebote aus dem Ausland, u.a. auch aus der Bundesliga. Aber keines hat mir richtig zugesagt. Ich habe also nochmals ein Jahr bei GC angehängt, spielte aber gleichzeitig auch in der Tunesischen Nationalmannschaft. Dann kam das Spiel mit der Nationalmannschaft gegen Frankreich, da machte ich ein riesiges Spiel, und danach kamen sehr viele Angebot herein und ich konnte mir wirklich die Vereine aussuchen. Doch wie es das Schicksal wollte, genau da verletzte ich mich schwer, war drei Monate out. Doch trotz der Verletzung wollte mich Sochaux unbedingt, und so wechselte ich 2009 nach Frankreich. 

Und was hast Du da erlebt?
Sochaux ist ein Ausbildungsverein, aber im zweiten Jahr wurden wir bereits Fünfter, und das war das Grösste für den Club. Der Rummel war immens und das Stadion bei jedem Spiel voll. Aber alles in allem ist es ein sehr familiärer Verein, der in der Region vergöttert wird. Für mich war es eine faszinierende Zeit, ich konnte gegen so viele bekannte Clubs, wie Marseille, PSG, Lyon und gegen viele heutige Weltstars spielen.

Zum Beispiel?
Meine Gegenspieler hiessen Eden Hazard, James Rodriguez, Ibrahimovic, Aubameyang, Benzema, Ribéry und viele andere mehr mit Rang und Namen. Gegen Christiano Ronaldo spielte ich einst in den jüngeren Jahren, als er bei Manchester spielte. Er war sehr talentiert aber ich dachte damals noch nicht, dass er eine solche Karriere hinlegen würde.

Eine ganze wichtige Station war die Tunesische Nationalmannschaft.
Ich habe 45 Einsätze für die Tunesische Nationalmannschaft gespielt, und dabei habe ich so viel erlebt, dass ich mir wirklich überlege, ob ich nicht darüber ein Buch schreiben soll. Was in Tunesien mit der Nationalmannschaft abgeht, die Emotionen, das kann man sich hier in Europa nicht vorstellen. Ich habe mit der Nati zwei Mal den Africa-Cup gespielt, das ist zu Vergleichen mit der Europameisterschaft. Das sind Erlebnis, die für mich unvergesslich bleiben.

Vor zwei Jahren hast Du Deine Karriere beendet.  Heute trainierst Du die U15-Juniorenmannschaft beim FCRJ. Wie kam dieses Engagement zustande?
Die Juniorenausbildung beim FCRJ geniesst einen ausgezeichneten Ruf in der Schweiz und mit Jakob Turgut, dem Ausbildungschef, hat der FCRJ einen Topfachmann in der Führung.  Rocco kenne ich schon lange, Dani Welti, den CEO ebenfalls. Die beiden haben mich damals unverbindlich angefragt, ob Juniorentrainer für mich ein Thema sein könnte. Nach reifer Überlegung habe ich zugesagt und bei der U14 als Juniorentrainer begonnen und jetzt trainiere ich die U15. Hier in Rappi konnte ich so meinen ersten Schritt als Trainer machen. Und ich muss sagen, es bereitet mir unheimlich viel Freude und ich mache es mit Leidenschaft.

Sehen die Jungs in Dir den ehemaligen Fussballstar oder einfach einen Trainer, der ihnen sehr viel beibringen kann?
Als ich Trainer wurde und frisch da war, da haben mich schon ein paar erkannt und mich natürlich darüber ausgefragt. Viele andere haben mich dann gleich gegoogelt und mich so wieder erkannt. Ich hatte als Junior auch mal einen Ex-Profispieler als Trainer und das war  ein grossartiges Erlebnis. Und das möchte ich den Jungs auch bieten – die langjährige Erfahrung an die jungen Fussballer weitergeben zu können, das ist für mich eine grosse Genugtuung.

Und wie sieht der zukünftige Weg von Yassin Mikari aus?
Ich will nun bald das A-Diplom machen, da bin ich schon für den Lehrgang angemeldet. Ebenfalls habe ich mich beim SFV als Videoanalyst angemeldet. Ich gehe davon aus, dass ich die nächsten fünf Jahre sicher im Fussball bleiben werde, in welcher Form auch immer, danach sehe ich weiter.

Ich habe noch ein paar Sätze für Dich vorbereitet, die Du bitte zu Ende führen möchtest.

Meine eindrücklichste Mitspieler in meiner Karriere waren..
Yassine Chikhaoui, wäre er nicht verletzt worden, hätte er eine noch grössere Karriere gehabt. Und als zweiten möchte ich Stéphane Dalmat nennen. Mit ihm habe ich in Sochaux gespielt. Er spielte auch bei Inter, Tottenham und PSG. Ivan Peresic, mit ihm spielte ich in Sochaux. Jetzt spielt er bei Inter, wurde mit Bayern Champions League Sieger. Mit ihm habe ich immer noch Kontakt,

Meine eindrücklichsten Gegenspieler waren…
Eden Hazard, der war wirklich richtig, richtig gut. Und Aubameyang hat mich auch vor grosse Probleme gestellt. 

Die Trainer, die mich am meisten geprägt haben, waren…
Francis Gillot, mein Trainer bei Sochaux, Marcel Koller, weil er sehr gut mit uns jungen Spieler gearbeitet hat, und Roger Lemerre, der damalige Tunesische Natitrainer.

Die Spiele, die für mich unvergesslich bleiben, sind…
Das erste Spiel in der Super League, mit GC, als ich in der 70. Minute reinkam und in der 75. Minute ein Tor erzielte. Dann das Spiel mit der Tunesischen Nati gegen Frankreich zu dem gefühlte 70000 Tunesier und 20000 Franzosen kamen –  und das letzte Meisterschafts-Spiel der Saison 14/15, am 2.6.2015 mit Club Africain, als wir Tunesischer Meister wurden.